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Hallig Langeneß 2010

Wecker ausschalten, anziehen und unsere gefühlten 1000-Sachen zum Bahnhof schleppen- das alles erwartete uns an einem Sonntag in aller Herrgottsfrüh vor der biologischen Exkursion auf die Hallig Langeneß.

Nach einer fast 10-stündigen Zugfahrt, durchgeschwitzt vom Hetzen von Gleis zu Gleis, da sich die Deutsche Bahn einige Scherze mit uns erlaubte, dachten wir, wir seien erlöst. Doch es warteten noch eineinhalb Stunden Fahrt auf der Fähre, genug Zeit, um noch einmal der Zivilisation auf Wiedersehen zu sagen, bis wir sie in einer Woche wieder „grüßen“ durften.

Endlich, am Anleger der Hallig angekommen, nahmen wir die durch die Salzluft verrosteten Fahrräder und haben den 7,5 Kilometer langen Kampf mit dem extremen Gegenwind aufgenommen bis wir endlich an der jetzt von uns geliebten Peterswarf ankamen. Unser Gepäck blieb jedoch vom Wind verschont, da es durch unsere netten „Zivis“ mit dem Auto zu unserer Warf gebracht wurde, welche sich am Abend sogleich noch vorstellten, damit sie und wir sahen, mit wem wir es die Woche über zu tun haben werden. Erst einmal die Umgebung „gecheckt“, gingen wir auch gleich zu Bett. Das große Abenteuer konnte beginnen.

Am ersten Tag, also am Montag, lernten wir die Hallig etwas besser kennen. Dabei durfte der „Geschichtseffekt“ natürlich nicht fehlen. Aber uns wurde erst an diesem Tag richtig bewusst, dass es nicht allzu viele Fortbewegungsmittel dort gab. Wir mussten wohl doch eine etwas längere Freundschaft mit den geliehenen Fahrrädern schließen.

Nach unendlich langen Kilometern des Radelns und Wanderns ging der Tag ins Land und wir hatten abends beim gemeinsamen Abendbrot noch viel Gesprächsstoff. Wer aber nachts nicht gleich vor völliger Erschöpfung einschlief, konnte bewusst den hörbar zu vernehmenden Klängen der Natur lauschen. Zur Zeit der Exkursion rasteten nämlich rund 17000 Ringelgänse auf der kleinen Hallig, bevor sie den weiteren Weg nach Sibirien antraten. Und das Kuriose ist, so eine Ringelganz muss alle 3-4 Minuten „aufs Klo“- man kann sich vorstellen, wie der Halligboden ausgesehen haben muss.

Der Dienstag begann wie jeder andere Morgen auch mit dem gemeinsamen Frühstück. Beim Gang nach draußen, um das Tagesprogramm zu absolvieren, war das Wetter an diesem Tag etwas griesgrämig. Mit grauen Wolken bedeckter Himmel, Regen, Wind und nichts als Wind machte uns die Fahrt zum Fährenanleger schwer. Jedoch erst einmal auf der MS SeeAdler angekommen, huschten wir alle schnell unter Deck, um uns zu wärmen und abzuwarten, dass wir auf der Nachbarinsel Amrum ankommen. Während wir so mit der Ebbe fuhren, fingen wir unterwegs noch einige Meeresbewohner wie einen Seestern und ein paar Nordseekrabben. Nur Wagemutige haben sich getraut diese auch einmal auf die Hand zu nehmen.

Nachdem wir auf Amrum ankamen, ging es straff weiter im Programm. Nach einem kurzen Besuch im Meeresmuseum Carl Zeiss liefen wir den endlos scheinenden weißen Sandstrand entlang bei einer mäßigen Brise, während sich neben uns die eindrucksvolle Landschaft der Sanddünen erstreckte, die wir zum Schluss auch noch durchquerten.

Wieder auf der MS SeeAdler angekommen, um zurück zur Hallig zu fahren, gerieten wir doch schon in recht große Turbulenzen. Wellen von ca. 3 Meter Höhe schüttelten uns gewaltig durch. Doch seekrank wurde zum Glück keiner.

 

Am Mittwoch hieß es endlich: Hinaus ins Watt! Jetzt konnten unsere Gummistiefel eingeweiht werden. Zuerst einmal durch den tiefen Schlamm am Ufer gequält, wobei mancher ziemlich fest steckte, sagten wir den vielen Wattwürmern, Muscheln und Schnecken „Hallo“. Sogar ein paar riesengroße pazifische Austern konnten wir finden, als uns eine heftige, unerwartete und ein wenig schmerzhafte Hagelschauer überraschte. Typisch April!

 

Die letzten Wattreste noch schnell abgespült, fuhren wir am frühen Abend noch einmal hinaus an ein Meer gelegenes freies Feld und beobachteten mit großen Spektren die Vogelvielfalt in ihrer Natur, bis die Flut die letzten Vögel auf dem Watt vertrieben hatte. Leicht durchgefroren freuten wir uns auf unsere warme Unterkunft.

 

Der Donnerstag hingegen verlief eher ruhig. Selbststudium über Vögel war angesagt! Hatten wir den ganzen Vormittag zahlreiche Bücher durchwälzt, durften wir am späten Nachmittag auch noch ein wenig experimentieren- mit lebenden Organismen!

 

Das Highlight kam am letzten Tag der Woche. Strahlender Sonnenschein und fast keine Wolke am Himmel brachten uns gute Laune, als wir durch das warme Watt schlenderten, um zur Nachbarhallig Oland zu wandern. Zuerst bedeckten noch unsere heiß geliebten Gummistiefel unsere Füße, aber als wir kurz vor Oland den oberschenkelhohen Priel durchqueren mussten, hieß es barfuß laufen. Nach dem Oland mit nur einer Warf besichtigt war, ging es auch barfuß die über eine Stunde dauernde Wanderung zurück nach Langeneß- jetzt hatte auch der letzte das Watt lieb gewonnen.

 

Am Abend des Freitags bekamen wir von den Zivis noch einen Emotionsdiavortrag, bei dem Bild und Musik in Einklang gebracht wurden und so mancher in Gedanken versank. Wer nicht für den nächsten, anstrengenden Tag  ausschlafen wollte, saß mit den Lehrern, Frau Gualano und Herrn Kramer, die uns über die Woche liebevoll betreuten, oder mit den Zivis in einer gemütlichen Runde und spielten noch die eine oder andere Runde Karten oder „Wer bin ich?“, bis die Müdigkeit einen überfiel und uns ins Bett „entführte“.

 

Der Tag der Rückreise begann schon sehr, sehr früh. So früh, dass einige am Morgen den Sonnenaufgang fotografieren konnten. Der andere Teil hatte jedoch damit zu tun, die letzten Rückstände in den Zimmern bzw. in der Unterkunft zu beseitigen. Dann hieß es wieder zurück zum Anleger fahren, um die erste Fähre nicht zu verpassen. Ungewöhnlich war nur, dass kein einziger Wind wehte. Während man so durch die einsame Stille fuhr, erwachte die Natur mit ihrer vollkommenden Vogelpracht. Ein Bild, das man gesehen haben musste.

 

Kaum mit der Fähre losgefahren, bekam der eine oder andere nicht mehr viel von der Rückfahrt mit. Zu geschafft schliefen alle seelenruhig, wenn es nicht einige gegeben hätte, die die schlafenden „Murmeltiere“ weckten, damit sie die vielen Umstiege nicht verpassten.

 

Wieder in der alten Heimat angekommen, öffneten wir erst einmal alle unsere Jacken, da wir Dauerwind und eisige Kälte gewöhnt waren und es hier für uns ungewöhnlich warm erschien.

Viele sprechen noch bis heute von dem Erlebnis auf der Hallig. Wer weiß, vielleicht sieht die Hallig irgendwann ein paar bekannte Gesichter wieder. Auf jeden Fall bleibt uns dieses Abenteuer noch lange in Erinnerung.

Pascal Wolf

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